Dein berufsbegleitendes Studium hat begonnen und es entpuppt sich ein bisschen anders als du es dir vorgestellt hast. Auf einmal bist du nur noch am Tun – Job und Studium zerren von beiden Seiten an dir, die Aufgaben nehmen kein Ende. Am Ende des Tages fällst du nur noch tot ins Bett.
Was könnte da besser helfen als ein Studienratgeber, der als Untertitel „Zeitmanagement im Studium“ hat? Gekauft, oder?
Ist das Buch für dich?
Das Buch ist für Vollzeitstudierende geschrieben – nicht für den Einsatz im berufsbegleitendem Studium. Den Unterschied möchte ich anhand folgender Hypothese darstellen:
Vollzeitstudent:innen kommen normalerweise direkt aus einem Schulumfeld und haben bis dato primär fremdgesteuert gelernt. Es könnte also sein, dass diese Zielgruppe etwas mehr und einfachere Anleitung benötigt. Berufsbegleitende Studierende haben hingegen einen anderen Hintergrund. Zumindest im Job mussten sie sich bisher selbst organisieren – und mit dem Studium noch eine Baustelle zusätzlich.
Da ich selbst nie Vollzeit studiert habe, kann ich auch keine Aussage dazu treffen, inwieweit das Buch für die Zielgruppe Vollzeitstudent:in hilfreich ist. Aber hier geht es ja sowieso um dich: vielbeschäftigt und berufsbegleitend Studierende!
Wenn du dir selber noch einmal ein Bild machen möchtest, dann findest du bei Amazon diverse positive und negative Bewertungen. Die können dir dann bei der finalen Entscheidung weiterhelfen.
Das Buch – Ein Überblick:
„Bachelor of Time – Zeitmanagement im Studium“ ist ein Sachbuch von Dr. Tim Reichel und ist 2016 im Eigenverlag studienscheiss.de erschienen.
Das Buch ist passend zu einem Bachelorstudium in sechs „Semester“ plus ein Bonussemester aufgeteilt:
- 1. Semester – Ziele festlegen
- 2. Semester – Prioritäten setzen
- 3. Semester – Pläne schmieden
- 4. Semester – Endlich anfangen
- 5. Semester – Produktiv werden
- 6. Semester – Gewohnheiten aufbauen
- Bonussemester – Motiviert bleiben
Jedes Kapitel schließt am Ende mit einem Überblick ab:
- Auf einen Blick
- Aufgaben – die Aufgaben sollen dich sofort ins Tun und Umsetzen bringen
- Lesetipps – dort findest du weitere Informationen zu den einzelnen Themen und Tipps
Durch diesen Aufbau ist das Buch sehr gut strukturiert. Es ist übersichtlich, hat einen genauen Ablauf und die Kapitel bauen aufeinander auf. Fast jedes Kapitel basiert auf bekannten Zeitmanagement-Methoden.
Die Bewertung von Bachelor of Time
In der nachfolgenden Übersicht findest du die wichtigsten Informationen zur Bewertung:
Titel | Jahr | Autor | Amazon | Seiten | Quote | Abzüge | Bonus | Gesamtbewertung |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Bachelor of Time | 2016 | Dr. Tim Reichel | 4,6 | 152 | 69,74% | 10,00% | 9,61% | 69,34% |
69,34 % – was bedeutet das? Die Quote von 69,74% bedeutet, dass knapp 70% der Seiten mit Inhalt zum Thema des Buches gefüllt sind. Die restlichen 30% sind leer, Impressum, Vorwort etc. Abzüge und Boni führen zu der Endbewertung.
Zielsetzung von Bachelor of Time
Dieser Studienratgeber möchte Studierenden den Einstieg zu Selbstmanagement, Zeitmanagement und Produktivität ebnen. Die Informationen sollen die Basis für Erfolg im Studium bilden – besseres Zeitmanagement, produktiveres Lernen = bessere Noten mit weniger Stress.
Grenzen von Bachelor of Time
Die beschriebenen Methoden sind eine Sammlung einfachster Zeitmanagement-Tipps und Methoden, die so auch überall anders zu finden sind. Viele davon beschäftigen sich mit Planung über Planung. Warum das besonders für ein berufsbegleitendes Studium nicht so sinnvoll ist, habe ich dir bereits in diesem Beitrag beschrieben: System oder Smarte Ziele.
Das Buch ist keine einfach zu befolgende Tipp-Sammlung. Du musst dir zu jedem Baustein Gedanken machen, ob der für dich sinnvoll ist und wie du den genau umsetzen möchtest. Danach musst du noch austesten, ob das für dein Leben überhaupt passt.
⭐️☆☆☆☆ Studium (berufsbegleitend)
Auf den ersten fast 100 Seiten finden sich primär Zeitmanagement-Methoden, die dich in deinem berufsbegleitendem Studienleben zu Tode planen lassen würden.
⭐️☆☆☆☆ Organisation
In diesem Buch geht es primär um Organisation im Studium. Vollzeitstudium. Für berufsbegleitende Studierende weniger hilfreich, da viel zu umfangreich und kleinteilig.
⭐️☆☆☆☆ Study-Life-Balance
Eine ordentliche Organisation sollte dir bestenfalls helfen, dein Leben zu entwirren und dir dein Leben leichter zu machen. Die hier vorgestellten Methoden helfen dir dabei aber nicht weiter, sondern erhöhen die Last.
⭐️⭐️⭐️☆☆ Umsetzbarkeit
Das Buch ist gut strukturiert und optisch gut aufbereitet. Jedes Kapitel endet mit Handlungsempfehlungen, die sofort umgesetzt werden sollen. Allerdings fehlt an diversen Stellen Informationstiefe, die für eine sinnvolle Umsetzung notwendig wäre. Somit muss sich Der Leser selbst noch weiter informieren oder irgendwann feststellen, dass irgendwo noch etwas fehlt.
Der Inhalt von Bachelor of Time im Detail:
Smarte Ziele, Prioritäten, Pläne schmieden (Kapitel 1-3)
Die ersten drei Kapitel führen dich von Smarten Zielen über Prioritäten bis hin zur Planung. Dies ist quasi die „Strategie-Ebene“. Insgesamt 60 Seiten. Dabei werden dir fünf Zeitmanagement-Methoden näher gebracht, u. a.:
- Smarte Ziele
- Eat the frog (das Schlimmste zuerst)
- ABC-Methode (Wichtigkeit der Aufgaben definieren)
Umrandet werden die einzelnen Methoden mit etwas Hintergrundinformationen und aus dem Studium gegriffenen Beispielen. Das wird übrigens auch in den weiteren Kapitel fortgeführt.
Endlich Anfangen und Produktiv werden (Kapitel 4+5)
Bei Kapitel vier und fünf geht es dann um die operative Umsetzung der oben definierten Strategie. Wie bekommst du dich dazu, anzufangen und dann auch noch das Richtige zu tun? Insgesamt 33 Seiten. Die ausgewählten Zeitmanagement-Methoden für diese Kapitel sind u. a.:
- First Brick – Methode (Salami-Taktik)
- Pareto (20% der Arbeit sind verantwortlich für 80% des Erfolges)
- Pomodoro-Technik (25 Minuten Arbeit – 5 Minuten Pause)
Gewohnheiten und Motivation (Kapitel 6 + Bonuskapitel)
Die letzten beiden Kapitel beschäftigen sich auf 27 Seiten mit dem Aufbau von Gewohnheiten und wie du sie dir zunutze machen kannst. Und damit die Motivation nicht leidet, findet sich auf den letzten 8 Seiten des Bonuskapitels 30 Weisheiten zum Thema Motivation.
Meine 5 Cent:
Das Buch hat Stand 15.05.2021 1.082 Bewertungen mit einem durchschnittlichen Score von 4,6 Sternen auf Amazon. Das ist ein Brett. Es gibt kein anderes Buch aus dieser Sektion mit auch nur annähernd ähnlichen Werten. Trotzdem ist das Buch nicht für dich!
Empfehlung oder nicht?
Nein – und ich gebe dir ein paar Gründe dafür:
Smarte Ziele – der erste Grund! In diesem Beitrag habe ich dir bereits zusammengetragen, warum Smarte Ziele besonders im berufsbegleitendem Studium nicht funktionieren und warum du statt dessen ein System wählen solltest. Allein 30 Seiten beschäftigen sich in diesem Buch mit dem Erklären der smarten Ziele und ein bisschen Hintergrundinformation dazu. Die nächsten 40 Seiten planen diese smarten Ziele dann durch.
Eine der Aufgaben in Kapitel 2 sagt dir, dass du jeden Morgen mindestens 15 konkrete Aktivitäten auf deiner To-Do Liste haben sollst. Sorry, NEIN! Bitte mach das nicht! Nimm dir statt dessen zu dem oben genannten Beitrag noch DIESEN zur Hand – wenn nötig, passt du die zwei noch ein bisschen an deine Situation an.
Wenn du die Inhalte aus den ersten drei Kapiteln so in deinem berufsbegleitendem Studium umsetzen möchtest, dann machst du den ganzen Tag nichts anderes als zu planen. Und wenn du eines nicht hast, dann ist das Zeit!
Oberflächlich – der zweite Grund! Einige Ansätze im Buch sind wirklich gut – zum Beispiel der, der Gewohnheiten. Allerdings ist die Darstellung so vereinfacht, dass man zwar ein Grundverständnis erwirbt, aber nicht in der Lage ist, Gewohnheiten so für sein eigenes Leben zu modellieren, dass sie einen nachhaltigen Mehrwert bieten.
Der Inhalt ist insgesamt etwas „dünn“ für den Preis.
Die Auswahl – der dritte Grund! Es werden jede Menge Zeitmanagement-Methoden vorgestellt, aber sie werden nicht hinterfragt oder weitergedacht. Für manche Methoden gibt es einfachere Varianten oder sie müssten ein bisschen verändert werden, damit sie dann auch für dich passen.
Mittlerweile hat sich zum Beispiel der Ansatz der Systeme weit durchgesetzt. Auch für Vollzeitstudenten wäre dieser Ansatz hilfreich.
Fazit:
Nein, nicht alles an dem Buch ist schlecht. Es gibt eine Grundübersicht über eine Vielzahl von bekannten Zeitmanagement-Methoden. Die eine oder andere Methode (Pareto zum Beispiel) finde ich auch super. Für jemanden, der sich einen ersten Eindruck verschaffen möchte, kann dieses Buch somit hilfreich sein.
Die Anwendung in einem berufsbegleitendem Studium ist jedoch nicht zu empfehlen, da es dir deine Frage „Wie kann ich mir mein berufsbegleitendes Studium so organisieren, dass ich von der Last der Anforderungen nicht überrollt werde?“ nicht beantwortet, sondern statt dessen noch Anforderungen oben drauf packt. Von mir daher keine Empfehlung für dieses Buch – jedenfalls wenn du berufsbegleitend studierst.
Beste Grüße
Patricia
Weiterführende Informationen
Der Autor: Dr. Tim Reichel
Tim Reichel ist hauptberuflich Studienberater an der RWTH Aachen und mittlerweile seit Langem einer DER Autoren im Bereich Studienratgebern. Seit dem ersten Buch, dem hier reviewten „Bachelor of Time“, sind noch 15 weitere hinzu gekommen und ein Studienkalender und Studienjournal. Zusätzlich schreibt er eine Kolumne zum Thema Studium für den Spiegel online. Daher kann man klar sagen, dass Tim Reichel DIE Adresse für Studientipps ist. Allerdings eher für Vollzeitstudent:innen.
Webseite
www.studienscheiss.de – Neben Informationen über den Autor und die Vielzahl der herausgegebenen Bücher, gibt es einen Blog. Dieser umfasst mittlerweile fast 300 Beiträge. Die umfangreichsten Kategorien sind:
- Lernen
- Motivation
- Organisation
- Zeitmanagement
Allerdings birgt die Vielzahl der Beiträge ein Problem – Übersicht. Was passt jetzt auch für dich als berufsbegleitende Student:in und was nicht? Du kannst übrigens auch zu fast allen (allen?) seiner Bücher das erste Kapitel downloaden. Dazu musst du dich nur für den Newsletter anmelden.
Wenn du also grob weisst, was du gerade suchst, kannst du trotzdem auf dem Blog fündig werden, auch wenn du nicht zur primären Zielgruppe gehörst.
Bewertung: ⭐️⭐️⭐️☆☆
Newsletter
Der „größte Studiennewsletter mit 30.000 Abonnenten – mit guten Tipps für dein Studium“. Leider ist er das nicht, denn die Newsletter werden immer genau dann versendet, wenn es ein neues Buch gibt. Vorteil – dafür bekommt man nicht so häufig Post. Aber eben auch nicht die beworbenen Tipps.
Bewertung: ⭐️☆☆☆☆
Weitere Bücher
So viele – 16 Stück in 5 Jahren – das nächste steht schon in den Startlöchern. Hier findest du eine Übersicht zu den wirklich studienrelevanten Büchern. Die diversen Zitate-Bücher und Studienkalender lasse ich mal außen vor.
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